Funde aus der Poltringer Ortsgeschichte – „Gab es in Poltringen früher einen Galgen?“
Da Poltringen als ritterschaftliches Dorf eine am Ort residierende Ortsherrschaft hatte, liegt die Vermutung nahe, dass es dort auch ein Hochgericht bzw. eine Blutgerichtsbarkeit gab. Dies war das exklusive Vorrecht der Ortsherrschaft zur Verhängung auch der Todesstrafe. Damit war natürlich auch eine Richtstätte mit Galgen verbunden.
Bisher gab es dafür nur als Beleg den alten Namen eines Weges, des sog. Galgenwegle, das vom Schloss, Taläckerle, Bettenäcker zum Galgen / Harthäusle führte und der ehemalige Gewannname „Bei dem Galgen“ dort. Es gab auch die Vermutung, dass es nur Galgenplatz auf Reustener Gemarkung gab (oder es dort ggf. früher einen weiteren Galgenplatz gab). Dieser wird dort vermutet, wo die ehemalige Römerstraße (hier unter Feldweg südlich des Türlesbronnwäldchen Richtung Altingen verlaufend) die Landstraße von Reusten nach Breitenholz kreuzt.
Am Rande einer Karte von 1680-1687 („Forstkartenwerk“ von Andreas Kieser) konnte nun ein „Poltringer Hochgericht“ mit einem eingezeichneten dreischläfrigen Galgen als zusätzlicher kartografischer Beleg für die Poltringer Hochgerichtsbarkeit gefunden werden. Auch auf einer Karte von 1709 („Tübinger Forst sambt dem Schönbuch“ von Johann Majer, Bestand N 7 Nr. 41, Hauptstaatsarchiv Stuttgart) ist der Galgen noch zu sehen.
Dieser liegt nicht, wie unten auf der Karte ersichtlich, an den damaligen Verbindungsstraßen Reusten-Entringen (heute asphaltierter Feldweg) oder Reusten-Breitenholz am Hardtwald entlang (heutige Landstraße) und auch nicht an der früheren Heer- / Römerstraße (auf Karte nicht eingezeichnet). Das Hochgericht ist vielmehr nördlich vom in der oberen rechten Ecke der Karte mit dem Bergschloss (Detailbild in Amtsblattartikel vom 30.08.18 „Bergschloss Oberpoltringen“) eingezeichneten Poltringen, wie vermutet südöstlich des Hardtwaldes etwa im Bereich der Anhöhe am Harthäusle, wohl ein paar Meter südöstlich des Platzes, an dem heute die Grillstelle beim Fliegercasinospielplatz ist.
Was auch Sinn macht, da Galgen meist so aufgestellt waren, dass sie weithin sichtbar waren um ihre Abschreckungswirkung zu unterstützen und auch um als Herrschaftszeichen der örtlichen Herrschaft zu dienen. Ebenso ist ein Indiz die dort solitär stehende Lindengruppe, die ebenfalls oft im engen örtlichen Zusammenhang mit Richtstätten zu finden ist.Leider verbrannte dieses sehr besondere, kolorierte Forstkartenwerk im 2. Weltkrieg in Stuttgart und es gibt heute nur noch Schwarz-Weiß-Aufnahmen dieser Karten.
Wer hierzu vertiefende Informationen beitragen kann oder andere Geschichten als „Fundstücke“ beitragen möchte, kann sich gerne bei unserer AG melden (heimatgeschichte ät hwv-ammerbuch punkt de).
Für die AG „Poltringer Ortsgeschichte“, Boris Dieter